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Franz Mosenthin Leipzig-Eutritzsch / VEB Montan
21. Dezember 2010
Im Zusammenhang mit dem Artikel über den »Königsberger in Leipzig« bin ich auf das Photoblog von Ilja Skokov gestoßen, wo ich prompt einem Leipziger in Königsberg begegnet bin! Die Welt ist klein. Leider liegt dieser dort völlig unerkannt, denn von der ursprünglichen Inschrift »Franz Mosenthin Leipzig-Eutritsch« ist gerade mal noch das »… ritsch« einigermaßen erhalten, der Rest ist den bewegten Königsberger Zeitläuften, dem Rost und dem Verkehr zum Opfer gefallen. Man findet die Bilder hier; das dreizehnte und vierzehnte von oben. Nun habe ich aus einer Leipziger Seitenstraße glücklicherweise ein ähnliches Exemplar mit schlecht, aber wenigstens lesbar erhaltener Schrift (siehe oben und hier noch einmal im Ausschnitt):
Ich habe mich also auf die Suche nach der Gießerei Franz Mosenthin gemacht und bin tatsächlich auf ein noch bestehendes Folgeunternehmen gestoßen, wo man mir auch gern und kompetent weitergeholfen hat. Das darf hier ruhig einmal lobend erwähnt werden, da der Punkt »Firmengeschichte« für viele Betriebe terra incognita ist, entweder mangels brauchbaren Archivgutes, oft auch mangels Interesses.
Hier ein kurzer Abriß:
1864 wurde die Firma »Franz Mosenthin Eisenbaufabrik und Eisengießerei« in der Nähe der heutigen Mörickestraße in Leipzig-Eutritzsch als Gießerei und Maschinenfabrik gegründet. Damals war Eutritzsch noch ein Leipziger Ratsdorf. Leipzig hatte zwar schon 1381 die Grund- und Gerichtsherrschaft über Eutritzsch erworben, das Dorf aber erst 1890 eingemeindet. Man beachte übrigens die abweichende Schreibung »Eutritsch« ohne »z« auf dem Kanaldeckel.
1913 zog die Firma in den neu errichteten Firmensitz in der Zschortauer Straße um, der noch heute Produktionsstandort ist:
Man fertigte damals alle denkbaren Gußteile und war im Stahlbau tätig; nachfolgend zwei Katalogseiten, auf der zweiten finden auch die »Gruben- und Schleusendeckel« explicit Erwähnung:
Mosenthin produzierte auch Kräne und Förderanlagen, Tore und Türen, Weichen, baute und reparierte Hallenindustriebauten, Glasdächer, Brücken und sonstige Stahlkonstruktionen. Im Auftrag der Sowjetischen Militäradministration führte die Firma ab 1945 Reparationsaufträge und Demontagen aus.
1953 wurde die Firma verstaatlicht und in VEB Montan umbenannt, noch Ende desselben Jahres wurde die Gießerei stillgelegt. 1957 wurde der Betrieb der VVB TAKRAF, dem späteren Kombinat TAKRAF (Tagebau-Ausrüstungen, Krane und Förderanlagen), zugeordnet.
An den folgenden Kanaldeckeln ist diese Geschichte gut abzulesen; der zweite ist also auf 1953 (nach der Verstaatlichung und vor Abriß der Gießerei) sehr gut zu datieren, was ja für Kanaldeckel eher selten ist; mit der VEB-Montan-Aufschrift scheint er wegen der kurzen Produktionsspanne zudem ein sehr seltenes Stück zu sein:
Zu TAKRAF-Zeiten lag der Schwerpunkt auf der Herstellung von Fördertechnik, anfangs von Bandanlagen, später Tragrollen. Die nachfolgend abgebildete Förderbrücke aus dem Kombinat TAKRAF kam freilich aus einem anderen Kombinatsbetrieb:
1990 wurde der VEB Montan zur Montan Fördertechnik GmbH umgewandelt, die 1992 an die Deutsche Babcock-Gruppe verkauft und schließlich 1999 von der italienischen RULMECA-Gruppe erworben wurde. Heute ist der Leipziger Betrieb ein Betriebsteil der Rulmeca Germany Aschersleben. Am Standort Leipzig sind noch etwa 80 Mitarbeiter beschäftigt, die technisch anspruchsvolle Komponenten für Förderanlagen herstellen, die weltweit verkauft werden. Die folgend gezeigten Tragrollengirlanden wurden 1999 für einen Tagebau in Ungarn geliefert:
Couriosität am Rande: Nach Mosenthin ist auch eine Pflanze benannt: Sein Schwager O. Kuntze widmete 1891 die »Mosenthinia Glaucium« seiner »lieben Schwester Marie und ihrem Gemahl Franz Mosenthin«. Ferner erinnert heute die Mosenthinstraße in der Nähe des Werksstandortes an einen Unterehmer aus dem 19. Jahrhundert, dessen Spuren noch heute zu finden sind — in Leipzig sowieso, aber auch bis nach Königsberg.
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Ich danke besonders Herrn Erhard Wildenhain für das Fakten- und Bildmaterial zur Firmengeschichte. Herr Wildenhain kennt die Firma Montan aus jahrzehntelanger Berufstätigkeit, zeitweise als Geschäftsführer.
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Nachtrag: Leser Dr. G. Hertel war so freundlich, einige Deckel aus Königsberg zur Verfügung zu stellen, unter anderem auch einen »Mosenthin«.
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Herzlichen Dank sagt ein Namens-Nachfahre von Franz Mosenthin. Ich beschäftige mich mit Familienforschung der Familie Mosenthin und bin dabei, den Zweig des Franz Mosenthin zu rekonstruieren. Dabei ist die Geschichte seiner Firma sehr interessant! C.D.Mosenthin aus München
Hallo,
auch im Thüringer Schiefergebirge war Franz Mosenthin kein Unbekannter.
Er hat zum Beispiel im größten Schieferbruch des Europäischen Kontinents, dem Örtelsbruch bei Lehesten, ein Gewächshaus direkt im Anschluss an die Villa des Schieferbruchbesitzers, Karl Örtel, gebaut.
Die Inschrift des Originalschildes vom Eingang zum Gewächshauses lautet: "Franz Mosenthin. Eisenbaufabrik. Eutritzsch-Leipzig". Es befindet sich im Privatbesitz. Es ist super erhalten, faktisch wie neu.
Liebe Grüße aus Lehesten sendet Mike Wagner
Ich weiss nicht, mit wem ich hier "kommuniziere"...also Herrn Wagner oder....
aber ich kann auf jeden Fall anbieten, wenn ich wieder in mein Ferienhäuschen dort in der Gegend von Lehesten komme, Bilder zu machen und hier zur Verfügung zu stellen....
Ich würde, falls das hier gelesen wird, das gerne tun, bräuchte dann aber Adresse in Ehesten, wo ich mich melden muss zwecks Kontakt...oder die email, um direkt Kontakt aufzunehmen!
Gerd Schenk
Lieber Herr Wagner,
vielen Dank für den Hinweis; sollte es sich ergeben, daß Sie mal mit Kamera am Gewächshaus vorbeikommen, bin ich für Photos von Haus und Schild natürlich sehr dankbar.
Herzliche Grüße, Stefan Pohl.
Lieber Herr Mosenthin, für mich ist das auch immer spannend, wenn man den »eisernen Zeitzeugen« etwas Geschichte abgewinnen kann. Sollten Sie noch interessante Details zu Franz Mosenthin finden, freue ich mich, wenn Sie diese hier kommentieren.
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